Film

„Was uns nicht umbringt“: ein liebenswerter Therapiefilm

Es ist nicht ihr erster „Psychofilm“: 2009 erschuf sie mit „Helen“ einen sehr sehr ernsten Film über eine schwer depressive Frau, der auf psychologische Herleitungen verzichtete. Mit „Was uns nicht umbringt“ ist Sandra Nettelbeck angekommen bei einem wunderbar heiter-melancholischen und intelligenten Therapeutenfilm, der Lust auf Leben und Veränderung macht.

Charly Hübner, Foto: © DCM / Was und nicht umbringt

Sophie (Johanna Ter Steege), Max (August Zirner) Foto: © Marion von der Mehden

Fans von Nettelbeck-Filmen kennen ihn schon. Max, der Psychotherapeut, war schon bei „Bella Martha“ dabei, dem Film, mit dem der Regisseurin und Drehbuchautorin der internationale Durchbruch gelang. Max, von seiner Frau und Mutter seiner zwei Töchter getrennt, aber mit ihr befreundet, steht im Mittelpunkt dieses Episodenfilms mit diversen Figuren, allesamt problembehaftet – und besetzt mit der crème de la crème deutscher Schauspieler, denen ihre Rollen von der Autorin auf den Leib geschrieben wurden. So auch August Zirner, der den Therapeuten spielt. Nicht minder wichtig und stets an seiner Seite: Hund „Panama“.

Um Max entfaltet sich ein Reigen liebenswerter Macken, Probleme, Störungen, Erscheinungen ... Unter seinen Klienten findet sich zum Beispiel ein symbiotisches Geschwisterpaar, ein Bestattungsunternehmer (Christian Berkel), der das Bestatten satt hat, und seine hypochondrische Schwester. Da wäre auch die Schriftstellerin Isabelle, die ihre eigene Beerdigung plant, da sie seit dem Tod ihres Freundes – ein Kriegsfotograf, der bei einem Bombenangriff ums Leben kam – jegliche Lebenslust verloren hat. Oder der Pilot mit schwerer Depression und Flugangst! Am schönsten ist vielleicht die Geschichte von Hannes (Bjarne Mädel) und der autistisch veranlagten, zwanghaften Sunny (Jenny Schily), die gemeinsam im Pinguin-Gehege des Zoos arbeiten und beinahe nicht zueinander finden .

Und dann wäre da noch der Therapeut selbst, der auch nicht so recht weiß, wo es langgehen soll. Und der sein Herz an eine spielsüchtige Patientin verliert, was natürlich nicht mit seinem Berufsethos zusammengeht.

Was alle verbindet: Sie stehen vor Entscheidungen. „Du musst Dein Verhalten ändern, dann ändern sich auch Deine Gefühle“, erklärt der Therapeut seinem zotteligen Hund ...

„Ich habe meine beste Jugendfreundin an die Krankheit verloren. Wir waren wie Schwestern, mit 30 hat sie sich umgebracht“, erzählte Sandra Nettelbeck 2009 anlässlich des Filmstarts von „Helen“ dem „Spiegel“ als Grund für die Beschäftigung mit Depression.

Im Presseheft zu „Was uns nicht umbringt“ sagt sie, dass sie auf ihren aktuellen Film besonders stolz sei: „Es ist ein sehr erwachsener Film, der sehr ernst und zugleich sehr leicht ist. Es ist ein sehr persönlicher Film, der eine Leichtigkeit hat, die ich in meinen letzten beiden Filmen nicht gefunden habe“, erklärt sie. Sie ist angekommen, so hört es sich an. „Ich habe in den letzten Jahren so einiges überlebt. Dieser Film ist das Ergebnis davon. Und wenn es der letzte wäre, wäre das auch o.k.“, sagt Sandra Nettelbeck. Nein, wäre es nicht!!

— Anke Hinrichs, Originalveröffentlichung November 2018